Gregor Hildebrandt
Utoquai
06. Jun - 03. Aug 2024
Galerie Klüser, Munich

„Reicht es noch zurück?“, fragt die Aufschrift auf einer der Bojen, die die „Utoquai-Badi“, wie sie die Zürcher nennen – eine über hundert Jahre alte Badeanlage am Zürichsee und ein allseits beliebter Treffpunkt –, umgrenzen. Manch einem mag die Frage ironisch vorkommen, inmitten einer nunmehr ohnehin unabwendbaren Lage.

Im vergangenen Sommer schwamm Gregor Hildebrandt von einem gut gemeinten, mal mehr, mal weniger beruhigenden Ratschlag zum nächsten und dachte dabei an einen Schwimmer aus der Filmgeschichte, 1968 in Szene gesetzt von Sydney Pollack und Frank Perry. Nur in eine Richtung und jeweils überschaubare Distanzen überbrückend durchquert Burt Lancaster als Ned Merrill in The Swimmer der Reihe nach die Pools seiner vornehmen Nachbarschaft. Parallel zu diesem Sommertag in Badehose entrollt sich in den Vorgärten alter Bekannter eine surreale Zeitreise in die Vergangenheit des Protagonisten. In der Werkserie Utoquai verbinden sich nun die Botschaften im Zürichsee und der „river of pools“, wie Ned seinen Heimweg aus Schwimmbädern nennt, denn der Film bildet die Grundlage der Gemälde aus VHS-Band. Während das Wasser bis zum Halse steht, schweben sie wie visuelle Ankerpunkte über einem unsichtbaren Horizont – auf gleicher Höhe mit der Unterlippe des Künstlers.

Vom Binnengewässer führt ein Exkurs zumindest metaphorisch weiter ans Meer. Ebenso betitelte Thomas Huber nämlich 1987 sein Bild eines spiegelglatten Holzbodens mit Schrubber, Eimer, Putzlappen und einer Flasche Salz. Mit Wasser gemischt, ergießt sich Salzwasser im Raum, alte Spuren verschwinden und machen Platz für einen frischen, unberührten Neuanfang – beinahe so, wie die Brandung an einem Sandstrand. Eine frühere Arbeit, ein dunkel glänzendes Parkett aus Kassettenbändern1, reflektiert das Ensemble von abgestellten Putzutensilien aus Hubers Interieur und übersetzt das Szenario in den betretbaren, dreidimensionalen Raum.

Mit dem Rauschen des Meeres noch im Ohr, weckt auch die mediterrane Palette der Säule Erinnerungen an die unzähligen Farbvariationen von Wasser und Licht. Zwei Wege gibt es laut Farbenlehre, wie sich Gelb in Richtung Violett wandeln kann: über warme oder über kalte Töne. Beide Möglichkeiten erprobt François Morellet 1956 in einem Gemälde zweier konzentrischer Quadrate. Den Querschnitt daraus stapelt Gregor Hildebrandt zu einer Säule aus gewellten Schallplatten und kommt damit dem konzentrischen Kreis wieder ein Stückchen näher.

Das Meer und das Wasser ziehen sich wie eine Reihe Bojen durch das Schaffen Gregor Hildebrandts, tauchen immer wieder auf in einem Œuvre, in dem Referenzen an die Musik-, Film- und Kunstgeschichte, Schnipsel persönlicher Erinnerungen und Fragmente einer Zeit der analogen Datenträger zu Werken verschmelz